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Wenn nichts bleibt, wie es war!

Jahrestagung 2023 in der Benediktinerabtei Königsmünster in Meschede

Prof. Dr. Rainer Bucher motivierte die Teilnehmenden die Kirche so weiterzuentwickeln, dass sie sich ihrer geistlichen und theoretischen Ressourcen bewusst wird. Das Thema „Wenn nichts bleibt, wie es war“ stand im Mittelpunkt der Tagung. Über Jahrhunderte war die katholische Kirche souveräne Herrin ihrer selbst. Sie beherrschte die Interpretation des Kosmos, die Ordnung der Gesellschaft und – bis vor kurzem – den Körper der Menschen. Mit all dem ist es vorbei, auch bei den eigenen Mitgliedern. Sie wurde von der Machtposition vertrieben und auf den religiösen Markt geworfen. Diese radikale Kontextveränderung lässt nichts in ihr, wie es war, ob sie es will oder nicht. Alles wird prekär, also unsicher und abhängig von anderen: vom Partizipationsverhalten der eigenen Mitglieder etwa, von der politischen Unterstützung oder den religiösen Bedürfnissen der Gesellschaft. Wie auf dem Markt bestehen, ohne ihm zu verfallen? Wie die eigene Aufgabe unter diesen Bedingungen erfüllen? Welcher Umbau ist notwendig?

Prof. Dr. Rainer Bucher emeritierter Professor für Pastoraltheologie und -psychologie an der Universität Graz. Diesen Fragen ging der Hauptredner des Tages, Prof. Dr. Rainer Bucher, emeritierter Professor für Pastoraltheologie und -psychologie an der Universität Graz, nach und bildete sogleich den eigentlichen Schwerpunkt der Tagung. Sein persönliches Charisma: Als Christ und Wissenschaftler ist er einer, der sich nicht nur theoretisch mit der Entwicklung der Kirche auseinandersetzt, sondern auch als Familienmensch aktiv mit beiden Beinen im Leben von Welt und Kirche steht. Seine Einschätzungen zur Kirchenentwicklung und vom Beschreiten neuer Formen und Wege, lies die Teilnehmenden während des Vortrages und bei der anschließenden Aussprache im Plenum nicht unberührt.

Es funktioniere nicht mehr, so Prof. Bucher, die eigenen Sehnsüchte als ein Bild von Kirche zu nehmen. Die Verkündigung des Evangeliums könne nicht nur an Fantasien gebunden werden, die man selbst mag. Der Missbrauchsskandal, die Krisen in der Kirche seien auch mit Demütigungserfahrungen verbunden, die Religion dramatisch verändert. Prof. Bucher prägte den Begriff des „kulturell hegemonialen Kapitalismus“, der die Sehnsuchtsproduktion und die Wunscherfüllung steuern würde, der in heutiger Zeit Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen eher bedienen würde als das die Kirchen tun. Es ginge in der Zukunft darum, Kirche so weiterzuentwickeln, dass sie sich ihrer geistlichen und theoretischen Ressourcen bewusst wird, sich nicht nur mit "angezogener Handbremse" um die Altlasten eines kollabierenden Klerikalismus kümmern, sondern sich einer radikalen und pastoralen Aufgabenentwicklung widmen sollte.

Darin sieht Prof. Bucher auch die besondere Rolle und Form des Ständigen Diakonats: Vielleicht sind gerade Diakone jener Teil des Klerus, der in seiner Rollenunklarheit am zukunftsfähigsten ist, freilich nur, wenn man diese Stigmata umsetzt in Kreativität und Praxisinnovation. Notwendig ist situative Flexibilität und Aufgabenorientierung vor der Jahrhunderte alten Sozialform- und Rollenorientierung.

Prof. Dr. Rainer Bucher motivierte die Teilnehmenden die Kirche so weiterzuentwickeln, dass sie sich ihrer geistlichen und theoretischen Ressourcen bewusst wird. Diese „Aufgabenumschreibung“ für einen Diakon wurde bei der anschließenden Arbeit in Kleingruppen und den hieraus resultierenden Fragen nochmal deutlich thematisiert. Prof. Bucher beantwortete sie ausführlich und im Dialog mit den Diakonen, die viele Thesen und Einschätzungen teilten und bestätigten, auch wenn die Bestandsaufnahme der gesellschaftlichen und kirchlichen Situation an manchen Stellen weh tat.

Letztlich war es eine lohnende Auseinandersetzung, die vom Diözesansprecher, Diakon Thomas Huneke, moderiert und von Diakon Jürgen Franke im Vorfeld thematisch angereichert wurde. So hielt der Tag, neben dem theologisch-tiefsinnigen Vortrag, auch weitere Informationen aus dem Diakonenrat und dem Erzbistum bereit.

So berichtete Diakon Thomas Huneke von den Aktivitäten des Diakonenrates im vergangenen Jahr, die im Fokus des Rücktritts des Erzbischofs standen. Nach diesem Rücktritt ist der Diakonenrat nur noch kommissarisch im Amt, beauftragt durch den Diözesanadministrator Msgr. Dr. Michael Bredeck. Insbesondere das gemeinsame Gespräch des Diakonenrates mit dem Diözesanadministrator und seinen ständigen Vertreter, Prälat Thomas Dornseifer, sei sehr ermutigend und orientiert in die Zukunft gewesen.

Die Benediktinerabtei Königsmünster in Meschede war der Ort für die Jahrestagung der Diakone im Jahr 2023 Zum Abschluss motivierte der Diözesanbeauftragte für die Ständigen Diakone, Pastor Andreas Kreutzmann, die weiteren pastoralen Entwicklungen im Erzbistum positiv mitzugestalten und sich selbst immer wieder mit einzubringen, besonders auch im Hinblick auf den Nachwuchs im Ständigen Diakonat. Des Weiteren hob er zwei Entwicklungen hervor: die Auseinandersetzung mit den zukünftigen Leitungsformen des pastoralen Raumes und im pastoralen Raum und die Einladung im kommenden Jahr an Auszeitangeboten speziell für Diakone und Ehefrauen in Bestwig, Neuenbeken und Paderborn teilzunehmen.

Ergänzt und bereichert wurde die Tagung durch eine geistliche Unterbrechung am Mittag und die abschließende Vesper, die von Spiritual Werner Beule gestaltet wurde.

Die Terminübersicht für 2023/2024 finden Sie hier zum Download.

 

Text: Thomas Huneke und Stefan Nagels