Glaubenszeugnisse

Wenn ich liebe, dann…

Auf eine Kaffeelänge mit Diakon Heiner Altewulf

 

Diakon Heiner Altewulf. Foto: Schulte Bevor wir Diakon Altewulf auf einen Kaffee treffen, zieht er vor die Werler Wallfahrtsbasilika. Bereits zum 250. Mal lässt er dort um fünf vor 12 Uhr weiße Brieftauben fliegen. Eine Umweltaktion, die sich längst zur Diakon-Sprechstunde entwickelt hat, wie er erzählt.

Redaktion

Herr Altewulf, sie wohnen in der Straße „An der Gottesgabe“. Bedeutet Ihnen diese Adresse etwas?

Diakon Heiner Altewulf

Heutzutage natürlich. Aber als wir 1978 einzogen sind, hatte ich mit Kirche wenig am Hut. Erst 1985, mit 36 Jahren, habe ich zum Glauben gefunden. Damals sagte eine Freundin zu mir: „Wir brauchen nur lieben – und dann können wir tun, was wir wollen.“ Das ist angelehnt an ein Zitat des Heiligen Augustinus. „Oh, das ist ja super“, dachte ich, „dann kann ich ja lieben, und dann…“ Den Satz habe ich bis heute nicht zu Ende gesprochen, sondern gesagt: Wenn ich liebe, dann kann ich so nicht weiterleben.

Redaktion

Wie haben Sie denn damals gelebt?

Altewulf

Ich habe gelebt, wie viele andere auch – als Handwerker, Familienvater, ich habe Geld verdient und mich sonntags ausgeruht. Für Religion war bei mir kein Platz.

Redaktion

Wie ging es nach Ihrem Moment der Umkehr weiter?

Altewulf

Meine Frau und ich sind inspiriert durch unsere Freunde einem Familienkreis der Fokularbewegung beigetreten. Das war ein Neuanfang. Einmal saßen wir mit dem Familienkreis bei uns Zuhause und ich sagte: „Wenn ich Pfarrer Hellmann das nächste Mal sehe, dann mache ich mit ihm einen Termin für ein Gespräch über den Glauben – aber jetzt muss ich erstmal Milch vom Bauern holen.“ Ich gehe aus der Tür raus und (haut auf den Tisch) treffe Pastor Hellmann. Dann habe ich mit ihm einen Gesprächstermin vereinbart.

Ich habe mich immer mehr in die Gemeinde eingebunden, war im Pfarrgemeinderat und als Kommunionhelfer aktiv. Einige Jahre später habe ich mich gefragt, wie es weitergehen kann, was es noch gibt. 2006 bin ich dann zum ständigen Diakon geweiht worden.

Redaktion

Sie erzählen das, als sei es eine natürlich Entwicklung gewesen. Was hat Sie denn so fasziniert, dass sie wussten, dass die Diakonen-Weihe für Sie das Richtige ist?

Altewulf

Es ist dieser Satz: „Liebe und tue, was du willst.“ Durch das Religiöse bin ich in der Liebe – und dann kann ich auch so etwas Durchgeknalltes machen wie jeden Tag mit Tauben in die Fußgängerzone zu gehen. Wichtig ist, dass ich es in der Liebe mache, mit Überzeugung und authentisch.

Redaktion

Haben Sie den Satz also für sich beantwortet?

Altewulf

Nein. Ich glaube, dass das ganze Religiöse ein Weg ist. Ein Weg, auf dem ich Gottes Wort verkünde. Mit den Tauben habe ich nun eine kleine Möglichkeit dafür gefunden. Anfangs habe ich das nur gemacht, um ein Zeichen für den Umweltschutz zu setzen, aber ich habe herausgefunden, dass es Verkündigung ist. Gestern kam eine junge Frau auf mich zu, deren Opa ich beerdigt habe. Nun sollte ich für ihre Oma ein Kreuz und eine Kerze segnen. So geht das am laufenden Band.

Redaktion

Wie gehen Sie heutzutage als Rentner mit dem Glauben durch ihr Leben?

Altewulf

Ich bin ehrenamtlicher, ständiger Diakon und das mit Leib und Seele. Wenn ich in den Garten gehe, gehe ich im Grunde als Diakon in den Garten.

Redaktion

Wie spüren Sie das?

Altewulf

Wenn ich es nicht mehr spüre, dann erinnere ich mich an ein Lied. (singt) „Wo die Liebe wohnt, blüht das Leben auf / Hoffnung wächst, die trägt / Träume werden wahr / Denn wo Liebe wohnt, da wohnt Gott“.
Das ist für mich als Elektriker wie so ein Messgerät: Bin ich noch in der Liebe? Also: Blüht in meiner Gegenwart das Leben auf? Ist in unserem Gespräch eine Hoffnung, die trägt? Und: Werden Träume wahr?

Redaktion

Herr Altewulf, vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person:

Heiner Altewulf wurde 2006 zum ständigen Diakon geweiht. Im Zivilberuf hat der Rentner als Elektroniker-Meister gearbeitet, unter anderem für das Abfallentsorgungszentrum in Werl.

Das Interview führte Tobias Schulte.